Der kategorische Imperativ

oder der Zwang zu äußeren Regelwerken

Meine Kritik am kategorischen Imperativ bezieht sich nicht auf dessen Inhalt, sondern auf das Anliegen und den Hintergrund dieses ganzen Ansinnens an sich.

Der kategorische Imperativ definiert bestimmte Grundlagen für das Handeln des Menschen.

Wenn jemand solche Grundlagen festschreiben möchte, dann steht dahinter als erstes der Gedanke, dass das überhaupt notwendig sei.

Und der zweite Gedanke, welcher dahinter steht, ist der, dass Handeln überhaupt äußeren Anforderungen genügen müsse, bzw. äußeren Anforderungen unterstellt werden muss.

Der Begriff der äußeren Anforderungen unterscheidet hier von inneren Bezügen, so wie sie das eigene Innere des handelnden Menschen darstellen.

Eine grundlegende Schwäche gegenwärtiger Wissenschaft ist, die Grundlagen ihrer Schlussfolgerungen gar nicht zu sehen und infolgedessen auch nicht offen zu legen.

Und so setzt die Schaffung des kategorischen Imperativ ein Menschenbild voraus, in dem der Mensch solche Regelwerke für sein Handeln überhaupt braucht, was wiederum bedeutet, dass das Handeln eines Menschen, der sich nicht nach äußeren Anforderungen sondern nach seinem Inneren richtet, nicht in Ordnung sei.

Nun werden viele denken „Aber da brauche ich doch nur einmal die Nachrichten zu sehen, um zu erkennen, das es solche Anforderungen eben doch braucht.“

In dieser Ansicht stecken zwei Denkfehler:

  1. Die Nachrichten sind gar nicht repräsentativ für die persönliche Lebenserfahrung der meisten Menschen.
  2. Das, was man als menschliches Fehlverhalten wahrnimmt, ist genau eine Folge solcher Ansichten, wie sie auch dem kategorischen Imperativ zugrundeliegen.

Das heißt, Ursache und Wirkung sind hier genau vertauscht. Nicht der Mensch muss in ein äußeres Rahmenschema gepresst werden, weil er innerlich so schlecht ist. Sondern der Mensch handelt schlecht, weil er schlecht zu sein glaubt und das wiederum ist eine Folge davon, dass er so behandelt wird: zum Beispiel im kategorischen Imperativ.